Wie viel Auslastung braucht Dein Hund?

Jemand postet einen Beitrag in dem er erwähnt, sich einen Arbeitshund beliebiger Rasse zulegen zu wollen und nach einem Züchter fragt und mindestens in den ersten 5 Antworten wird der Themenersteller davor gewarnt, dass er so einen Hund aber „gut auslasten“ müsse.

Vielleicht hast Du auch selber einen Hund, der einfach nicht zur Ruhe findet, obwohl Du bereits jeden Tag 4 Stunden lang spazieren gehst und ihn zusätzlich mit Schnüffelspielen, Dummyarbeit und Agility beschäftigst und denkst darüber nach, ob Du an Deinem einzigen freien Tag noch zusätzlich in der Hundeschule den Mantrailingkurs besuchen sollst, damit es ihm endlich reicht und er ausgelastet ist?

Ausschlafen ist wichtig!

Ein erwachsener Hund schläft oder döst, wenn wir ihn lassen, 16 bis 20 Stunden am Tag.
Welpen gerne noch ein bisschen mehr.

Leider schaffen es viele Hunde nicht, ihren Schlafbedarf zu stillen, denn sie passen sich gern unserem Tagesablauf an. Und die Zeit, die der Hund schläft, ist ungefähr die Zeit, die wir wach sind.
Hat man einen eher gemütlichen Hund, stört er sich nicht so sehr an unserem täglichen Treiben. Er schläft trotzdem genug und freut sich auf den Spaziergang zwischendurch, nach dem er sich wieder für ein Nickerchen hinlegt.
Ein reizoffener, aktiver Hund, der dafür gezüchtet wurde mit uns zusammenzuarbeiten und auf kleinste Signale sofort zu reagieren, wie es zum Beispiel für Hütehunde typisch ist, schafft das nicht so leicht. Er möchte immer „dabei“ sein und den Moment nicht verpassen, an dem es spannend wird und er etwas tun kann, weshalb er zu wenig Schlaf bekommt.

Und hier beginnt der Teufelskreis:
Wenn Dein Hund zu wenig schläft, ist er unausgeglichen und überreizt wie ein kleines Kind.
Das nervt Dich, Du suchst Dir Hilfe und bekommst die Antwort, dass Dein Hund nicht ausgelastet ist. Also gehst Du länger spazieren, was Dein Problem nicht behebt. Deshalb suchst Du Dir einen Hundesport.
Dein Hund ist begeistert dabei, aber gibt zu Hause trotzdem keine Ruhe, also wird noch ein weiterer Kurs besucht…
Tatsächlich ist es so, dass Dein Hund nach einem Trainingstag zu Hause in sein Körbchen verschwindet und erst einmal Ruhe gibt.
Er ist aber nicht ausgelastet, sondern für den Moment vollkommen am Ende. Dieser Zustand hält aber nicht lange an. Dein Problem wird dadurch also nicht gelöst.

Wie viel Beschäftigung braucht also Dein Hund?

Wenn Dein Kind gut in Mathematik und schlecht in Deutsch ist, dann übst Du mit ihm Deutsch und nicht Mathe.

Dasselbe gilt für Deinen Hund:
Wenn Dein Hund gut darin ist, aktiv zu sein und schlecht zur Ruhe findet, dann übst Du mit ihm die Ruhepausen und nicht die Aktivität!
Selbst verständlich sollte jeder Hund seiner rassespezifischen Anlagen entsprechend gefördert und gefordert werden.

Ich plädiere ausdrücklich nicht dafür, sich einen Arbeitshund anzuschaffen und ihn dann auf dem Sofa „vergammeln“ zu lassen.

Das würde auch sehr wahrscheinlich nicht gut gehen, denn wenn die Bedürfnisse Deines Hundes nicht befriedigt werden, dann sucht er sich aus Langeweile seine eigenen Aufgaben und das sind selten welche, mit denen Du einverstanden bist.
Dein Hund braucht also eine Aufgabe, aber eine Aufgabe, der er regelmäßig aber nicht täglich nachgehen kann, reicht tatsächlich schon aus!

Meine Hunde arbeiten zum Beispiel an zwei Tagen in der Woche in der Rettungshundestaffel. Und an fünf Tagen in der Woche gehen sie nur spazieren (keine stundenlange Wanderungen, sondern einfach spazieren), begleiten mich im normalen Alltag und kommen sehr ausführlich ihrem Schlafbedürfnis nach. Das hat bisher immer gereicht, um meine Hunde (allesamt Arbeitsrassen) auszulasten und aus ihnen Hunde zu machen, die jederzeit begeistert arbeiten, zu Hause aber entspannt und ausgeglichen sind.


Mein Rat für Deinen nicht ausgelasteten Hund lautet also:

  • Lass Deinen Hund mal zwei Wochen lang Urlaub machen. Streiche alle Aktivitäten außer den täglichen Spaziergängen, die auch auf ein Minimum beschränkt werden.
  • Sorge dafür, dass er ungestört schlafen kann, indem Du ihn wirklich in Ruhe lässt und Dich nicht großartig um ihn kümmerst.
  • Wenn er nie gelernt hat, Ruhepausen zu machen, wird es Zeit, ihm das beizubringen. Nein, er braucht in seinem Ruhebereich keinen Kong mit einer Füllung nach ausgefeilter Rezeptur zur Beschäftigung und keinen langen Spaziergang vorweg.
  • Überlege Dir, welche Beschäftigung den Anlagen Deines Hundes entspricht und beschränke Deine sportlichen Aktivitäten mit Deinem Hund auf zwei Trainingstage in der Woche.

Die meisten Hunde werden durch diese Maßnahmen „ganz von selbst“ ruhiger und ausgeglichener.
Probiere es einfach mal aus. 

2 Kommentare

  • Romy Nickel

    Ich hatte einen Labrador als Familiehund. Als er klein war, haben wir Dummy-Arbeit gemacht. Er hat aber nicht apportiert, hat mit den Dummys gespielt, ist ihnen ins Wasser nachesprungen. Irgendwann hat er stattdessen Stöckchen benutzt.
    Eines Tages waren die Kinder ausgezogen und mein Mann und ich trennten uns. Mit dem Auszug meines Mannes schwanden die Holzvorräte für den Kachelofen allmählich.
    Dem Labrador tat ich offensichtlich leid, vielleicht wollte er es auch selbst gerne wärmer haben. Von da an schleppte er mir aus dem Wald, aus dem Bach oder von überall her riesige Holzstämme und Äste mit nach Hause. Diese Arbeit tat er unermüdlich über etliche Kilometer, selbst dann noch als er wegen seiner Arthrose hinkte und Schmerzen hatte. Nur das Schwimmen ließ er im Alter sein. Er konnte das steile Flussufer nicht mehr gut erklimmen.
    Es war ein ausgeglichener, freundlicher und völlig aggressionsloser Hund.
    Er hat sich die absolut passende Beschäftigung gesucht, schlief aber auch viel, besonders dann, wenn er zu Hause allein und ich auf der Arbeit war.

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