Beute abgeben

Dein Hund hat sich das Kuscheltier Deiner Tochter geklaut und will es genüsslich zerlegen?
Er kaut seit Stunden an einem Knochen und Du kannst nicht mit ihm Spazieren gehen, weil er den Knochen nicht aufgeben will?
Er hat auf einem Spaziergang eine rostige Dose gefunden und spielt damit herum?
Es kommt immer mal vor, dass Du Deinem Hund etwas wegnehmen musst. Doch viele Hunde knurren oder schnappen sogar, wenn sie ihre Beute abgeben sollen.

Suchst Du Hilfe im Internet, bekommst Du oft nur zur Antwort:
„Ein Hund muss sich das gefallen lassen, mach das Maul auf und nimm es ihm weg.“
„Du musst ihm so oft das Futter wegnehmen, bis er es gelernt hat.“
„Du musst tauschen.“

Im Prinzip haben alle recht: Dein Hund muss es sich gefallen lassen, dass Du ihm Beute abnimmst, er darf weder knurren noch schnappen und Du musst das üben. Die Beute gegen eine ungefährliche Entschädigung zu tauschen, ist eine gute Idee. Aber eine gute Anleitung zum Nachtrainieren ist das alles nicht und insbesondere das Befolgen der ersten beiden Ratschläge kann Schaden anrichten.
Hast Du das Abnehmen der Beute nie geübt, kann es sein, dass Dein Hund Dich ernsthaft beißen will, wenn Du einfach hingehst, ihm das Maul öffnest und die gammelige Maus herausfischen willst. Außerdem wird er in Zukunft schlauer sein und Abstand von Dir halten, wenn er Beute gefunden hat.
Und wenn Du damit anfängst, Deinem Hund ständig alles wegzunehmen um ihm zu demonstrieren, dass das Dein Recht ist, dann wird er einfach schneller schlucken, denn erst dann ist es seins.
Dann fragst Du zwei Wochen später nach einem Anti-Schling-Napf, selbst wenn Du ihm dann alles wegnehmen kannst.
Trotzdem musst Du das natürlich üben und Du musst dazu in der Lage sein ihm alles wegzunehmen, aber Du darfst es nicht übertreiben.


Ausbildungsweg

Wie alles andere auch, solltest Du das Abnehmen von Beute in kleinen Schritten üben. Dabei geht es gar nicht darum, ihm so oft wie möglich seine Beute streitig zu machen. Dein Hund muss wissen, dass Du ihm alles abnehmen darfst, aber er muss auch lernen, dass seine Kooperation für ihn ein Vorteil ist und dass Du dieses Recht nicht für irgendwelche „Dominanzspielchen“ missbrauchst, nur um ihm zu zeigen, wer der Chef ist.
Am besten fängst Du das Training schon beim kleinen Welpen an.


Maul öffnen

Der Hund hat keine Beute, Du gehst zu ihm hin, öffnest sein Maul, legst ein Leckerlie auf seine Zunge und lässt wieder los.
Das kann man einfach beim Kuscheln machen. Nach einigen Malen öffnest Du sein Maul, hältst es einen Moment offen und legst das Futter erst dann in sein Maul. Natürlich muss er dabei stillhalten! Er lernt, dass es zwar doof ist wenn Du ihm das Maul öffnest (ich glaube kaum, dass das ein Hund mag), aber er muss stillhalten und wird dafür schnell belohnt.

Frieda lässt sich nicht gern das Maul öffnen.
Aber für ein Stück Käse spielt sie gerne mit.


Entspannt trotz Beute

Gib Deinem Hund etwas zum Kauen, womit er lange beschäftigt ist (Kauknochen, Schweineohr, Rinderhaut,…) und lasse ihn damit nicht alleine. Fasse das Teil ruhig an und an der anderen Seite darf er fressen, ohne dass Du es ihm ganz überlässt. Ist alles gut, lässt Du ihn damit alleine, kommst aber immer mal wieder um ihn kurz zu streicheln. Das Kauteil interessiert Dich dabei nicht. Du bist keine Konkurrenz.

Fenja kaut an einem Stück getrockneten Pansen, das ich festhalte.
Sie weiß, dass ich es ihr nicht wegnehmen werde und knurrt noch nicht einmal die anderen Hunde an, obwohl ihr Futter extrem wichtig ist.
Sie weiß, dass ich es nicht dulden würde, wenn ein anderer Hund versuchen würde, es ihr streitig zu machen.


Beute abgeben

Hat er das gelernt, wartest Du, bis er müde wird und trotzdem noch nicht fertig ist (was bei einem Welpen mit etwas Rinderkopfhaut geht, bei einem erwachsenen Hund brauchst Du dafür schon einen großen Knochen).
Wenn es so weit ist, dann gehst Du hin, streichelst ihn und wenn er entspannt ist, dann nimmst Du ihm die Beute mit einem Kommando ab, gibst ihm ein Stück Käse und gibst ihm das Teil dann sofort wieder. Ist er nicht entspannt, mache ich eigentlich dasselbe, nur dass ich ihm den Käse vor die Nase halte, bevor ich ihm das Kauteil abnehme. Da er schon müde ist, interessiert ihn der Käse, den er schnell schlucken kann, mehr als das harte Teil dass er sich erarbeiten muss.
Nach dem Käse gehst Du wieder weg, kommst aber bald wieder und wiederholst das Ganze ein paar mal.
Er soll lernen, dass Du auf das Kommando hin seine Beute an Dich nimmst, dass das aber kein Drama ist, weil er sie wiederbekommt und vorher etwas Besseres erhält. Das machst Du im Abstand von einigen Tagen immer mal wieder.
Sollte Dein Hund seine Beute nicht hergeben wollen, darfst Du ihm seinen Willen auf keinen Fall lassen. Für diesen Fall hast Du die erste Übung gemacht und Du öffnest sein Maul und nimmst ihm die Beute ab. Seine Entschädigung bekommt er trotzdem.
Wenn das alles klappt, dann nimmst Du ihm die Beute immer früher hab, auch wenn Du sie ihm gerade eben erst gegeben hast und er noch „heiß darauf ist“.
Und erst dann machst Du das auch mit dem Futternapf, einer schneller zu fressenden Pansenstange oder was auch immer.
Aber Achtung: Normalerweise gehört das, was Du Deinem Hund gegeben hast, Deinem Hund. Er soll wissen, dass er in Ruhe fressen kann und nicht panisch einen halben Ochsenziemer im Ganzen schlucken muss, weil Du sonst Deine Spielchen mit ihm spielst!
Er muss wissen dass Du das darfst und es auch manchmal machst, dass das kein Drama ist weil er noch etwas Tolles zusätzlich bekommt, aber es muss die Ausnahme sein.
Wenn Du es ihm beibringst, machst Du das deshalb nicht öfter als zwei mal in der Woche und wenn er es begriffen habt, nur noch sehr selten.

Rieke muss mir ihren Pansen abgeben.
Aber sie weiß, dass sie ihn sofort zurück bekommt.
Hat der Hund gelernt, Beute abzugeben, braucht er keine zusätzliche Belohnung mehr. Für dieses Video gab es aber ein Stück Käse.


Schätze präsentieren

Diese Übung kannst und solltest Du auch schon von Anfang an machen:
Dein Hund hat draußen einen Stock oder irgendetwas anderes ungefährliches gefunden (Welpen finden ja ständig was, sonst lässt Du ihn zum Beispiel einen ball finden). Du rufst ihn heran, nimmst ihm mit dem Kommando den Stock ab, bewunderst den Stock und lobst Deinen Hund für seinen Fund. Dann gibst Du ihm Futter und er bekommt den Stock sofort wieder.

Achtung Lebensgefahr: Wirf Deinem Hund niemals einen Stock!!

Aber wenn er ihn trägt und er nicht splittert, darf er ihn behalten. Das machst Du mit allen möglichen ungefährlichen Dingen, die der Hund draußen so findet. Heranrufen, abnehmen, bewundern, loben, füttern, wiederbekommen.

Du hast jetzt einen Hund der gelernt hat, dass Du Dich darüber freust, wenn er Dir seine Beute zeigt. Du bewunderst ihn für seinen Fund, er bekommt sogar einen Keks dafür und er darf seine Beute dann wiederhaben. Hat er das oft genug erfahren, dann ist es auch nicht so dramatisch, wenn er seine Beute mal ausnahmsweise nicht zurück bekommt, weil sie aus einer rostigen Dose besteht.

Möchte Dein Hund Dir seine Beute doch mal nicht freiwillig überlassen hat er aber gelernt, dass Du ihm das Maul öffnen kannst und er dabei stillhalten muss.
Das ist vor allem dann auch wichtig, wenn er mal auf einem Zweig oder etwas anderem kleinen gekaut hat und sich etwas zwischen den Zähnen verklemmt. Das ist nämlich sehr unangenehm und wenn Du ihm dann auch noch zum ersten Mal am Maul herumfummelst, hat er doppelt Stress und Du vielleicht eine blutige Hand.

Und zu guter Letzt weiß Dein Hund, dass Du das Recht hast ihm Futter jederzeit abzunehmen, aber auch das nicht dramatisch ist. Er darf seine Beute nicht vor Dir sichern, das ist aber auch nicht notwendig, denn wenn Du doch mal auf die Idee kommst sie ihm abzunehmen, bekommt er etwas Leckeres obendrauf und darf seine Beute nachher in aller Regel wiederhaben.
Ob Dein Hund Dir aber auch eine gammelige Maus überlässt, hängt übrigens nicht nur von Deinem Training, sondern auch vom Charakter Deines Hundes ab. Ich würde vermuten, dass Deine Chancen weniger gut sind wenn Du einen Beagle oder Labrador hast 😁


Und wenn er knurrt und schnappt?

Ganz ehrlich: Das darf er nicht. Und dann gibt es auch eine deutliche Ansage, die ihm klar macht, dass Du das nicht duldest. Was Du dann genau machen sollst, werde ich aber im Internet nicht schreiben, denn in welcher Art und welcher Intensität Du Deinem Hund diese Ansage machen musst, hängt vom Hund, seiner emotionalen Verfassung, der „Schwere des Vergehens“ und anderen Dingen ab, sodass es nicht möglich ist einen Rat zu geben, der auf alle Hunde passt.
Wichtig ist nur, dass Du keine Angst hast und Deine Reaktion sofort kommt und unbedingt authentisch ist. Und Du solltest Dir vor Beginn der ersten Übung überlagen, was Du dann machst, damit Du nicht zu spät reagierst (man sagt, dass man 2 Sekunden Zeit hat, aber eigentlich ist es nur eine halbe bis eine Sekunde). Vielleicht reicht bei Deinem Hund schon ein böser Blick, ein „ey“, ein Knurren oder etwas Ähnliches, das hast Du im Alltag bestimmt schon herausgefunden.

Achtung:

Wenn Du Angst bekommst wenn Dein Hund knurrt oder Du einen Hund hast, der seine Beute ernsthaft verteidigen würde und nicht nur mal testweise schnappt, dann solltest Du auf keinen Fall versuchen, Deinem Hund das Abgeben der Beute alleine beizubringen!
Bitte suche Dir in diese Fall einen kompetenten Trainer, der zu Dir kommt und mit Dir und Deinem Hund gemeinsam übt.

Hast Du Kinder, solltest Du ihnen übrigens verbieten, Deinem Hund etwas wegzunehmen. Da Du Deinen Hund und Dein Kind sowieso nie alleine lassen würdest, kannst Du nicht weit weg sein, sodass Dein Kind Dir bescheid sagen kann, wenn der Hund sein Kuscheltier entführt hat. Bitte erwarte nicht von Deinem Hund, dass er sich von Deinem Kind Dinge gefallen lässt, die er bei Dir akzeptiert.

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