Kind und Hund

Du erwartest ein Kind und fragst Dich, wie Du Dein Baby mit dem Hund bekannt machen und für ein gutes Zusammenleben sorgen sollst?
Du hast vielleicht sogar etwas Angst davor, dass etwas schief gehen könnte, weil Du schon oft gelesen hast, dass ein eigentlich friedlicher Familienhund plötzlich und ohne Grund das Kleinkind ins Gesicht gebissen hat?
Heute gebe ich Dir ein paar Tipps die Dir helfen sollen, solche Unfälle von Anfang an zu vermeiden und ein harmonisches Familienleben für alle zu ermöglichen.

Bitte beachte hierbei folgendes:
CanisQuerkopf möchte Hundehaltern praktische Ratschläge für den Umgang mit ihrem Hund geben. Tipps aus dem Internet eignen sich aber nicht zur Korrektur von Problemhunden oder dem Umgang mit ängstlichen oder anderweitig schwierigen Hunden. In diesem Beitrag gehe ich deshalb davon aus, dass Du einen normal sozialverträglichen Hund hast, der nicht dazu neigt schnell zuzuschnappen, mit dem Du auch keine anderen Probleme in dieser Hinsicht hast und den Du schon gut genug kennst, um ihn einschätzen zu können.
Sollte das nicht so sein, solltest Du gerade in dem Moment, in dem sich Dein Hund und Dein Kind kennen lernen, einen Trainer an Deiner Seite haben.

 

Vorbereitung vermeidet Eifersucht

Die Geburt Deines Kindes bringt nicht nur für Dich, sondern auch für Deinen Hund große Veränderungen mit sich. Bisher war wahrscheinlich er der Mittelpunkt der Familie, der viel Aufmerksamkeit bekam, mit Dir im Bett geschlafen hat und Deine ungeteilte Aufmerksamkeit genossen hat (von Deinem zweibeinigen Partner mal abgesehen).
Nun wird bald Dein Baby viel Aufmerksamkeit brauchen und natürlich auch bekommen. Du solltest Deinen Hund schon möglichst früh daran gewöhnen, auch mal zurückzustecken.
Sollen nach der Geburt für ihn andere Regeln gelten als bisher (darf er zum Beispiel nicht mehr auf das Sofa, in das Bett oder das zukünftige Kinderzimmer), solltest Du diese Regeln schon einführen, sobald Du von Deiner Schwangerschaft erfährst.
Dann hat er sich bereits daran gewöhnt wenn das Baby bei Euch einzieht und er bringt sie nicht mehr mit ihm in Verbindung. So verhinderst Du, dass Dein Hund eifersüchtig auf Dein Kind reagiert.

Das Baby kennen lernen

Es gibt tatsächlich Leute, die ihrem Hund eine volle Windel aus dem Krankenhaus mitbringen. Der Hund soll daran schnüffeln und das Kind „kennen lernen“. Das Befolgen dieses Ratschlages hat natürlich keinerlei schädliche Wirkung auf den Hund, helfen tut er aber nicht.
Selbst verständlich wird der Hund an der Windel schnüffeln, schließlich sind Hunde dafür bekannt, sich für Exkremente zu interessieren. Dein Hund wird aber nicht denken: „Ah, so riecht das neue Baby, na dann kann es ja jetzt einziehen, schließlich kenne ich es jetzt“.

Dein Hund weiß, dass Du schwanger bist. Er hat es wahrscheinlich sogar schon gewusst, bevor Du es gemerkt hast, denn ein Hund kann Deinen Hormonstatus riechen.

Keine Wolfs- oder Hundemutter sammelt die Häufchen ihrer Welpen in der Wurfhöhle ein, um sie den anderen Rudelmitgliedern zu bringen, damit sie die Welpen kennen lernen können. Sie führt sie einfach zur Gruppe wenn es soweit ist, sie werden beschnüffelt und das war es schon.
Genauso habe ich es mit meinen Kindern gemacht. Ich bin aus dem Krankenhaus gekommen, und habe die Hunde an den Kindern schnüffeln lassen. Keine Sorge, auch ein kurzes Schlecken ist nicht schlimm, Du machst Dein Kind einfach wieder sauber. Intensives ablecken solltest Du nicht erlauben und zur Vorsicht solltest Du Deinen Hund vorher entwurmt (oder durch eine Kotprobe die Wurmfreiheit festgestellt) haben.

Regeln für Deinen Hund, Dein Kind und vor allem für Dich!

In Deiner Familie sollen sich alle wohl fühlen und zu ihrem Recht kommen. Das gilt natürlich auch für den Hund. Das geht nur, wenn es Regeln gibt, an die sich sowohl der Hund als auch das Kind halten müssen und Du sehr konsequent bist, besonders auch mit Dir selbst!
Auch Dein Kind muss diese Regeln lernen, sobald es anfängt zu krabbeln. Ja, auch Kinder in diesem Alter können Grenzen verstehen, wenn sie ihnen aufgezeigt werden. Das ist natürlich viel Arbeit für Dich.

Du darfst Deinen Hund niemals mit Deinem Kind alleine lassen

Nein, auch nicht nur kurz um im Bad zu verschwinden oder dem Postboten die Tür zu öffnen. Denn Kleinkinder können eine Grenze zwar verstehen, aber sie wird nicht unbedingt eingehalten. Und selbst wenn, haben auch schon Krabbelkinder Ideen, auf die wir im Traum nicht kämen.
Ein Laufgitter ist in der ersten Zeit wirklich Gold wert. Hierin kannst Du Dein Baby kurz sicher ablegen, wenn Du es nicht im Auge behalten kannst. Hier kann es nirgendwo herunterfallen und der Hund kann es nicht erreichen (die meisten Laufgitter haben einen verstellbaren Boden, sodass das Baby höher liegt). Wird Dein Kind mobiler, kann es darin weiterspielen solange Du in der Nähe bleibst, Dich aber gerade nicht kümmern kannst.
Aber Vorsicht: Eine meiner Töchter war ein richtiger Ausbruchskünstler!

Auch eine Hundebox ist dazu geeignet, Kind und Hund kurzzeitig zu trennen. Du musst aber darauf achten, dass Dein Kind die Box weder öffnen kann, noch etwas durch die Gitter steckt oder den Hund ärgert, der in der Box eingesperrt ist.
Magst Du keine Laufgitter oder ist Dein Kind dem Gitter entwachsen, solltest Du Deinen Hund und Dein Kind in unterschiedlichen Räumen lassen, wenn Du sie gerade nicht im Auge behalten kannst. Sei konsequent mit Dir selbst, auch wenn es nur für kurze Zeit ist, denn die meisten Unfälle passieren, weil man nur mal kurz…
Du darfst aber natürlich weder das Kind noch den Hund stundenlang einsperren, um es Dir leichter zu machen.

Jeder braucht einen Rückzugsort

Hat Dein Kind einen schönen Turm aus Bauklötzen gebaut, wird es sicherlich traurig sein, wenn der Hund die mühevolle Arbeit mit einem Schwanzwedeln zunichte macht. Dein Kind braucht einen Ort, an dem seine Türme nicht umgeworfen, seine Kuscheltiere nicht geklaut und sein eben gemaltes Bild nicht mit den Krallen durchlöchert wird. Dein Hund sollte deshalb das Kinderzimmer nicht betreten dürfen.

Aber auch Dein Hund benötigt Rückzugsorte. An denen er vor kleinen Kinderhänden sicher ist. Nicht mit ihm gekuschelt wird, er seinem Ruhebedürfnis gerecht werden kann. Dein Kind darf deshalb nicht an die Liegeplätze Deines Hundes gehen. Vielleicht freut sich Dein Hund auch über eine Hundebox, die ihn wie eine Höhle vor dem Kindertrubel abschirmt. Selbst verständlich sollte Dein Kind den schlafenden Hund nie wecken, egal wo er gerade schläft.

Hund und Kind: Keiner ist ein Spielzeug

Ich sehe häufig Fotos, auf denen das Kind mit dem Hund im Körbchen liegt, auf ihm reitet, auf ihm liegt, ihm in die Lefzen oder die Ohren greift. Das ist nicht süß!

Auch ein Hund hat ein Recht darauf, dass er als Persönlichkeit wahrgenommen und ihm Respekt entgegengebracht wird. All die vorgenannten Dinge kann Dein Kind gerne mit einem seiner Kuscheltiere machen. In dem Du Deinen Hund vor solchen Aufdringlichkeiten schützt, schützt Du Dein Kind vor der schmerzhaften Erfahrung, dass Hunde sich zu wehren wissen. Denn wenn Dein Hund von Dir keinen Rückhalt bekommt und von Deinem Kind genervt wird und erst recht wenn Dein Kind Deinem Hund mal weh tut, weil es auch mal (aus Versehen oder Neugier) einen Finger ins Auge piekst oder sich am Ohr festhält, bleibt ihm irgendwann nichts anderes mehr übrig.

Auch Dein Kind verdient Respekt von Deinem Hund, egal wie klein es ist. Dein Hund darf Dein Kind nicht umstoßen, anspringen, oder ihm den Keks klauen. Besonders letzteres finden Eltern oft niedlich, für Dein Kind ist das nicht lustig. Und Dein Hund sollte eben nicht lernen, dass er sich bei Deinem Kind einfach bedienen kann. Lernt Dein Hund, dass ein respektloses Verhalten seinerseits bei kleinen Menschen toleriert wird, hat er keinen Grund dazu, seine Einstellung zu ändern, wenn Dein Kind mobil wird. Du möchtest aber gar nicht, dass Dein Hund Deinem Kind beim Fußballspielen in die Hacken beißt oder an ihm hochspringt um ihm die Eistüte zu stehlen. Währet den Anfängen!

Dein Kind ist kein Chef!

Früher war man der Meinung, dass die Familie für den Hund ein Rudel ist, in dem es streng hierarchisch zugehen muss. Jeder Mensch muss einen Platz in der Rangordnung haben und natürlich über dem Tier stehen. Viele Leute haben sogar extra wenigstens selber einen Keks gegessen, bevor sie den Hund gefüttert haben, weil sie dem Hund gegenüber ihren höheren Rang demonstrieren wollten: Der Chef frisst zuerst!
Diese Meinung ist zum Glück überholt. Der Hund sieht seine Menschenfamilie zwar nicht als Rudel an sondern eher als eine Gemeinschaft, trotzdem überträgt er natürlich seine Vorstellung vom Zusammenleben auf die Familie. Eine Rangordnung gibt es also in der Tat. Allerdings ist es nicht so, dass der Mensch seine guten Führungsqualitäten dadurch unterstreicht, dass er ständig „den Boss raushängen“ lässt. Er muss Grenzen setzen und auf die Einhaltung bestehen, wenn das Zusammenleben klappt, darf man aber sehr wohl auch mal fünfe gerade sein lassen. Auch wenn man mit seinem Hund in einem Bett schläft, übernimmt er nicht gleich die Herrschaft, wenn die Beziehung geklärt ist.

Rangordnung ist allerdings etwas, das zwei Individuen untereinander ausmachen. Du beweist Deinem Hund gegenüber Führungsqualitäten, verwaltest Ressourcen die Dir wichtig sind und setzt Grenzen. Du wirst als Ranghöher angesehen.
Du kannst aber Deinem Hund nicht vorschreiben, dass er einen anderen Menschen (oder ein anderes Tier) als ranghöher anzusehen hat. Das muss jeder selbst mit dem Hund ausmachen. Du kannst also von Deinem Hund unmöglich verlangen, dass er Dein Kind als Chef akzeptiert.
Dein Kind kann sich aber Deinem Hund gegenüber auch keinen höheren Rang erarbeiten, weil es eben ein kleines Kind ist. Souveränität, Konsequenz und Durchsetzungskraft kann man von ihm nicht erwarten.

Dein Kind kann also auf keinen Fall ranghöher sein als Dein Hund!

Das macht aber nichts. Denn zum Glück gibt es den „Welpenschutz“.

Früher hat man sich darauf verlassen, dass ein erwachsener Hund auf der Hundewiese einem Welpen nichts antun wird, weil der junge Hund den Welpenschutz genießt. Diese Vorstellung war wohl etwas vermenschlicht, schließlich finden viele Leute ein Baby auch dann unwiderstehlich süß, auch wenn es nicht das eigene Kind ist. Diesen allumfassenden Freifahrtschein für Welpen gibt es aber so nicht.
Trotzdem sind die meisten erwachsenen Hunden Welpen gegenüber sehr tolerant, denn von einem Welpen geht keine Gefahr aus und er ist auch nicht dazu in der Lage, Ressourcen für sich zu beanspruchen. Es gibt also faktisch keinen Grund, ihm bei einer Gelegenheitsbegegnung auf der Hundewiese etwas anzutun.

Die Natur hat dafür gesorgt, dass die Welpen auch im eigenen Rudel (oder einer festen Gruppe) vor Rangordnungskämpfen sicher sind, indem sie die Welpen von der Rangordnung ausnimmt. Kein erwachsener Hund (richtiges Sozialverhalten vorausgesetzt) hat das Bedürfnis, einem Welpen gegenüber seinen höheren Rang herauszustreichen oder ihn in Streitereien zu verwickeln. Der Welpe wird höchstens erzieherisch gemaßregelt, wenn er zu frech wird.
Ich hatte auch schon immer mehrere Hunde und konnte bei jedem Welpen beobachten, dass die Rangordnung erst geklärt wird, wenn der Welpe geschlechtsreif wird und versucht, seine Stellung zu verbessern.

Hunde sind Hunde. Ja, sie leben bei uns nicht im Rudel und sie wissen auch, dass wir keine Hunde sind. Aber sie übertragen Ihr Weltbild so gut es geht auf ihr Leben in der Menschenfamilie und sie erkennen durchaus, dass unsere Kinder „Menschenwelpen“ sind. Dein Kind nimmt deshalb ebenfalls nicht an der Rangordnung teil. Es muss sich nicht behaupten und sich nicht dem Hund gegenüber durchsetzen können. Das bedeutet aber auch, dass Dein Kind kein Recht auf den Gehorsam Deines Hundes hat und Du diesen Gehorsam dem Kind gegenüber auch nicht einfordern kannst.
Achte deshalb auf einen Umgang, der von gegenseitigem Respekt und Vertrauen geprägt ist. Beide müssen die Persönlichkeit des anderen achten und können so eine freundschaftliche, liebevolle Beziehung zueinander aufbauen. Dein Hund wird Deinem Kind auch mal gehorchen, wenn es ihm dafür einen Keks verspricht, weil er gut gelaunt oder einfach ein netter Hund ist. Diese schöne Beziehung würdest Du vergiften, wenn Du versuchst, Dein Kind über den Hund zu stellen. Und Du würdest riskieren, dass der Hund Dein Kind maßregelt, wenn es Dinge von ihm verlangt, die ihm einfach nicht zustehen. Dein Kind sollte Deinem Hund deshalb zum Beispiel kein Futter oder Spielzeug wegnehmen.

Knurren ist erlaubt!

Verbiete Deinem Hund auf keinen Fall, Dein Kind anzuknurren! Denn das Knurren ist erst einmal nichts anderes, als eine Kommunikationsform, mit der Dein Hund seiner Umgebung mitteilt, dass ihm etwas nicht gefällt oder er sich unwohl fühlt.

Wenn Dein Hund Dein Krabbelkind anknurrt, kann es zum Beispiel sein, dass Dein Kind sich gerade am Hund festhält oder auf seinem Fuß steht und es ihm damit weh tut. Oder dass er gerade die Nähe nicht aushalten kann.

Knurrt Dein Hund Dein Kind an, dann trenne das Kind ruhig vom Hund, ohne mit dem Hund zu schimpfen. Nimm es einfach hoch und schicke Deinen Hund freundlich auf seinen Platz. Somit hast Du die Situation entschärft, der Hund fühlt sich wieder wohl und hat die Erfahrung gemacht, dass sich das Knurren lohnt und er sich darauf verlassen kann, dass Du ihm aus seiner misslichen Lage hilfst. Das ist wichtig.

Denn bestrafst Du Deinen Hund für das Knurren, dann bleibt ihm nichts anderes mehr übrig, als zu beißen, wenn er eine Situation nicht mehr erträgt!

Sei also dankbar für das Knurren, es gibt Dir die Möglichkeit, Dein Kind zu schützen, wenn Du nicht rechtzeitig gemerkt hast, dass Dein Hund sich unwohl fühlt.

Achtung: Ich rede hier davon, dass der Hund knurrt, weil das Kind etwas Unangenehmes tut oder der Hund überfordert ist. Knurrt Dein Hund Dich oder Dein Kind an, weil Du auf das Sofa möchtest oder er andere Ressourcen vor Dir verteidigen will, hast Du natürlich ein ganz anderes Problem…

Es gibt in meinen Augen nichts besseres, als sein Kind mit Tieren aufwachsen zu lassen. Meine Ratschläge sollen Dir dabei helfen, das Zusammenleben entspannt zu gestalten und Unfälle zu vermeiden, bei denen Dein Kind auf jeden Fall den Kürzeren ziehen würde.

In den wenigen Fällen, in denen man etwas zum Hintergrund einer Geschichte erfahren kann wenn ein harmloser Familienhund „ohne Grund“ ein Kind verletzt hat, stellt sich oft heraus, dass der Hund nicht vor dem Kind geschützt wurde.
Ein Tier, dass sich alles gefallen lassen muss, keinen Rückzugsort hat und keine Rückendeckung bekommt, weiß sich irgendwann nicht anders zu helfen als sich selbst zu wehren.

Erkennst Du trotz aller Regeln und einem guten Management, dass Dein Hund sich in Anwesenheit Deines Kindes unwohl zu fühlen scheint, wende Dich bitte an einen Hundetrainer, der Dich zu Hause besucht, Dich über Deinen Alltag mit dem Kind und dem Hund befragt und versucht herauszufinden, wie Du Deinen Hund besser unterstützen kannst. Häufig ist es nur eine Kleinigkeit, die eine Situation deutlich entspannen kann.

Quellenangabe:
Das Foto zu diesem Beitrag stammt von Bild von Pezibear auf Pixabay

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