Wichtige Grundsätze zur Hundeerziehung

Dieser Beitrag enthält Themen, die so wichtig und allgemeingültig sind, dass Du ihn am Besten schon vor Einzug Deines Hundes lesen solltest. Dabei ist es egal, ob Dein Hund „nur“ ein Familienbegleithund sein oder eine spezielle Ausbildung erhalten soll. Du solltest bei der Erziehung vorausschauend vorgehen, um Fehler zu vermeiden. Dieser Beitrag wird in der nächsten Zeit öfter weitergeführt, Du findest hier also bald wieder etwas Neues!

In diesem Beitrag erzähle ich Dir, warum Du Dir genau überlegen musst, was Du Deinem Hund eigentlich genau beibringen möchtest. Denn Dein lebendiger Hund kann nichts lernen, was auch ein toter Hund tun könnte.
Du solltest Dir außerdem schon vor dem Einzug Deines Welpen überlegen, was Dein Hund später können soll und was nicht, denn gelernt ist gelernt!
Natürlich gibt es auch einen Absatz über Konsequenz, ohne die die Hundeerziehung niemals auskommt.


Du kannst Deinem lebendigen Hund nichts beibringen, was er auch als toter Hund tun könnte.

Das klingt bescheuert, ist aber wirklich so.
„Nicht an der Leine ziehen“ – das kann Dein toter Hund.
„Nicht den Briefträger beißen“ – das kann Dein toter Hund auch.
„Den Besuch zur Begrüßung nicht anspringen“ – kein Problem für einen toten Hund.

All das kann Dein Hund unmöglich lernen. Deshalb musst Du aber nicht damit leben, dass er an der Leine zieht, Briefträger beißt und Dich anspringt. Denn:
„An lockerer Leine neben Dir gehen“ – dass kann Dein toter Hund nicht.
„In das Körbchen gehen, wenn es an der Tür klingelt“ – schafft Dein toter Hund nicht.
„Sich hinsetzen, um den Besuch zu begrüßen“ – für einen toten Hund nicht zu machen.

Das mit dem toten Hund ist natürlich Unsinn, aber den Unterschied hast Du bestimmt schon bemerkt:

Du kannst Deinem Hund nicht beibringen, was er NICHT machen soll. Du musst ihm beibringen, was er STATTDESSEN tun soll.


Bevor Du also damit anfängst Deinem Hund etwas einfach nur zu verbieten, überlege Dir, was Du denn eigentlich von ihm möchtest. Und das bringst Du ihm bei.


Gelernt ist gelernt!

Bringe Deinem Hund nicht das Fahrradfahren bei!

Dein Kind kann Fahrrad fahren und tut es jeden Tag. Aber eines Tages siehst Du einen schlimmen Unfall und bekommst Angst um Dein Kind. Du nimmst ihm das Fahrrad weg und übst mit ihm, zu Fuß zu gehen.
Ihr geht überall gemeinsam hin, erst trauert Dein Kind seinem Rad hinterher, aber irgendwann gewöhnt es sich daran und es macht ihm nichts mehr aus.
Aber eines Tages, Du bist schon zur Arbeit gegangen, hat Dein Kind verschlafen. Vor der Tür hört Dein Nachbar Dein Kind. Es schimpft vor sich hin, weil es jetzt zu spät kommen und Ärger mit dem Lehrer haben wird. Dein Nachbar möchte Deinem Kind helfen und bietet ihm sein Rad an.
Was macht Dein Kind? Nein, es lehnt nicht höflich ab, weil es so schön ist, zu Fuß zu gehen. Es nimmt das Rad und fährt zur Schule. Zuerst hat es ein schlechtes Gewissen, aber Du bist nicht da und das Fahren macht ihm viel Spaß! Und zu guter Letzt kommt es rechtzeitig in die Schule und der Tag ist gerettet. Nach diesem Erfolgserlebnis wird sich Dein Kind das Rad öfter leihen. Natürlich nur, wenn Du nicht zusiehst.
Hättest Du Deinem Kind damals das Radfahren gar nicht erst beigebracht, dann hätte es das Rad nicht ausgeliehen.

Dein Hund kann natürlich nicht Fahrrad fahren, aber das Prinzip ist immer dasselbe.
Wie viele Leute wollen ihrem Hund das Ziehen an der Leine abgewöhnen, weil es langsam echt nervt? Damals war es noch nicht so schlimm, da war er noch nicht so stark. Aber jetzt müssen 35 Kilo Retriever gehalten werden, das ist nicht mehr süß! Du übst mit ihm das Laufen an lockerer Leine, aber das funktioniert nur, solange Du aufpasst und nicht abgelenkt bist. Willst Du mal gemütlich spazieren gehen, zieht er wieder.
Früher war es niedlich, mit dem Welpen auf der Couch zu kuscheln, aber jetzt ist er fast größer als die Couch. Kann er bitte lernen, unten zu liegen? Ja, das kann er. Aber wenn Du von der Arbeit nach Hause kommst, findest Du seine Haare auf dem Sofa.
Als der kleine Hund dem Vogel nachgelaufen ist, war das noch lustig, der fliegt aber ja auch schnell hoch. Aber nachdem er jedem Hasen hinterhergelaufen ist, hast Du monatelanges Schleppleinentraining gemacht. Und das hat auch gut geklappt! Aber nachdem Du ihn dann wieder abgeleint hast, hat er schon den zweiten Hasen wieder verfolgt…

Dein Hund hat keinen Computer im Gehirn, den man neu formatieren kann, wenn das Programm nicht wie gewünscht funktioniert.

Du kannst Deinem Hund beibringen, dass er das, was er bisher gemacht hat, nicht mehr tun soll, sondern das jetzt eine andere Regel gilt. Aber er wird nie vergessen, was er vorher getan hat und dieses Wissen bei Bedarf anwenden.
Deshalb solltest Du Dir vor dem Einzug Deines Hundes überlegen, was er in welchen Situationen machen soll und ihm das Fahrradfahren lieber gar nicht erst beibringen.


Konsequenz

Bei allem was Du Deinem Hund beibringen möchtest ist es wichtig, konsequent zu sein.
Es ist nicht so, dass man seinem Hund einmal etwas beibringt und dann macht er es für immer richtig. Du musst immer darauf aufpassen, dass eine Aufgabe richtig ausgeführt und auch kleine Fehler korrigiert werden, weil die Ausführung des Hundes sonst erst ungenau und dann zur Glückssache wird.
Dabei solltest Du unbedingt daran denken, wann Dein Hund lernt, das tut er nämlich immer! Auch dann, wenn Du ihm gar nichts beibringen möchtest. 
Übst Du mit ihm am Wochenende in der Hundeschule also, an lockerer Leine zu laufen, achtest aber nicht darauf, dass er es auch auf Deinen Spaziergängen unter der Woche tut, dann wirst Du nie einen Hund bekommen, der an lockerer Leine läuft – zumindest nicht außerhalb der Hundeschule.


Schwarz/weiß oder grau?

Bitte denke daran, dass Dein Hund kein „grau“ lernen kann, sondern nur „schwarz“ oder „weiß“.
Ein Hund kann nicht lernen, dass er kurz an der Leine ziehen darf aber nicht so lange, dass es nervt. Oder dass er ein bisschen an der Leine ziehen darf aber nicht so stark, dass einem die Arme wehtun. Oder dass es bei schönem Wetter nichts macht, aber bei Glatteis darf er nicht.
So etwas zu erwarten wäre unfair dem Hund gegenüber.

Dein Hund kann nur den Unterschied zwischen richtig und falsch lernen.

Entweder darf er, oder er darf nicht. Und wenn nicht, dann auch nicht kurz, nicht ein bisschen oder nur manchmal, sondern gar nicht.

Allerdings gibt es hier eine Einschränkung. Denn ein Hund kann durchaus lernen, dass er mal etwas machen soll und mal das genaue Gegenteil.
Dafür ist es aber wichtig, dass die Situation so beschaffen ist, dass der Hund deutliche Unterschiede wahrnehmen kann.
So kann er zum Beispiel lernen, dass er an der Leine ziehen darf, wenn er am Geschirr geht und ordentlich neben Dir gehen soll, wenn Du ihn am Halsband führst.
Meine Mantrailer zum Beispiel gehen auf dem Spaziergang an lockerer Leine, beim Mantrailing ziehen sie aber. Und meine Flächensuchhunde bellen natürlich nur dann jeden Menschen an, wenn sie den Auftrag dafür bekommen haben und ignorieren Leute, wenn wir anderweitig unterwegs sind.
Wichtig ist aber, dass der Unterschied so groß ist, dass der Hund ihn deutlich bemerkt.
Außerdem ist es wichtig zu bedenken, dass der Spruch „jeder ist seines Glückes Schmied“ eindeutig auf die Hundeerziehung zutrifft. Der Hund kann lernen, dass er sich bei der einen Person an die Regeln zu halten hat, eine andere Person aber nicht auf die Einhaltung einer Regel achtet. 

3 Kommentare

  • Mia Airam

    Liebe Meike,
    vielen Dank für diesen Beitrag. Ich kann den Ansatz verstehen, aber unsere Hündin bellt sehr viel und ich weiß nicht, was ich ihr als alternative anbieten kann z. B. sitz oder platz? Wir hatten schonn diverse Hundetrainierinnen, aber deren Lösungsansätze haben bei uns nicht grfuchtet. 🙂
    Schönen Sonntag.

    • Meike Polter

      Liebe Mia,
      da ich weder Dich noch Deinen Hund kenne und auch nicht weiß, in welcher Situation und warum Dein Hund bellt, kann ich Dir leider nicht helfen. Ich kann nur Ideen geben, ob sie auf Eure Situation passen und Dir helfen können, weiß ich nicht.
      Wenn Dein Hund zum Beispiel bellt wenn es klingelt, kannst Du vielleicht einen anderen Klingelton einstellen, den Dein Hund noch nicht mit seinem Bellen verbunden hat und ihm zum Beispiel beibringen, dass Du jedes Mal wenn dieser Ton kommt, eine Handvoll Futter durch den Raum wirfst, dass er sich suchen darf.
      Ich hatte mal Aussies, bei denen das gut geklappt hat.
      Wenn Dein Hund bellt wenn er fremde Hunde sieht, kannst Du ihm vielleicht beibringen, Dich auf ein Signal hin anzusehen und so auf Dich konzentriert am Hund vorbei zu gehen.
      Kann er nicht alleine bleiben, müsste man erst die Ursache dafür herausfinden.

      Dem ganzen sind aber natürlich auch Grenzen gesetzt. Hast Du einen Wachhund, der im Garten Passanten am Zaun verbellt, dürfte es schwierig werden ihm beizubringen etwas anderes zu tun, weil ihm das Bewachen des Grundstückes im Blut liegt – dann ist es vielleicht besser dafür zu sorgen, dass er nicht alleine im Garten ist oder nicht so nah an den Zaun herankommen kann.

      Du siehst also, dass ich Dir leider nicht sagen kann, was genau Du machen sollst, das kann ein Trainer vor Ort besser als ich. A3eines klappt auf keinen Fall:
      Du kannst Deinem Hund nicht einfach nur beibringen, nicht zu bellen.

  • Birgit zum Felde

    Moin Meike,
    Dein Ansatz, dem Hund das beizubringen was er tun soll anstatt zu versuchen ihm beizubringen was er nicht tun soll, gefällt mir ausgesprochen gut. Bei dem toten Hund musste ich zunächst ernsthaft nachdenken, wie das gemeint war 🤣. Aber das ist ein interessanter Vergleich.
    Ich werde Deine Beiträge mit großem Interesse weiterverfolgen.

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